Lob des weihnachtlichen Konsums

Es ist eine knappe Woche vor Weihnachten und somit gehört es sich, etwas zu einem weihnachtlichen Thema zu schreiben. Am Vorabend der Festtage des guten Willens wird der liebenswürdige Leser hoffentlich erdulden, dass das Ganze einen etwas religiösen Unterton haben wird.

Den entsprechenden Impuls hat mir eine bemerkenswerte Erhebung der Tageszeitung „Mladá fronta Dnes“ aus der vergangenen Woche gegeben. Elf Persönlichkeiten aus verschiedenen Bereichen des öffentlichen Lebens beantworteten die Frage „Wie kann man sich gegen den weihnachtlichen Konsum wehren?“.

Die Frage ist suggestiv. Eine andere Frage sollte ihr vorausgehen: Warum sollte man sich gegen den weihnachtlichen Konsum wehren? Erst wenn wir uns über das „warum“ im Klaren sind, können wir uns eventuell noch dem Problem „wie“ widmen.

Die Persönlichkeiten unterlagen fast allesamt der Suggestion. Nur eine einzige Musikerin bekannte, dass sie gern konsumiert. In der Situation, in der die Frage gestellt wurde, erforderte das eine Portion Mut. Offenbar handelte es sich um eine bislang unausgereifte Persönlichkeit, die sich vorerst noch einige Eigenschaften eines normalen Menschen bewahrt hat.

Die übrigen empfehlen zumeist zwei Dinge: die Rückkehr zur Natur und zum Spirituellen. Das Christfest ist eine Zeitspanne, in der der tschechische Intellektuelle (insbesondere, wenn er öffentlich dazu aufgefordert wird) ein härenes Gewand anlegt, sich in irgendeinen Bußprediger vom Typ Girolamo Savonarola verwandelt und seinen eifrig speisenden Mitmenschen Armut und Entsagung predigt.

Es lässt sich auch eine andere Sichtweise anbieten: Weihnachten sind allgemein und für die Christen insbesondere (eigentlich sollte ich schreiben, für uns Christen, aber vor einem derart breiten Publikum fürchte ich mich fast davor) Festtage der Freude. Sie sind der Tradition zufolge mit der Geburt Jesu Christi, unseres Erlösers, verbunden. Insofern es sich um den Konsum handelt, hatte unser Erlöser nicht den besten Ruf. Sie sagten von ihm: „Seht, den Freund von Schmausereien und Trinkgelagen, den Freund der Zöllner und Sünder.“ Das ist ein bisschen irrelevant, weil, wie die selbe Quelle richtig anmerkt, Jesus sich auch nicht geholfen hätte, wenn er nichts gegessen und getrunken hätte. Wieder hätten sie nämlich gesagt, er sei „besessen“. Wesentlich ist, was er selbst gesagt hat: “Nicht was in den Mund eingeht, verunreinigt den Menschen, sondern was aus dem Mund ausgeht, das verunreinigt den Menschen. Alles, was in den Mund eingeht, geht in den Bauch und wird in den Abort ausgeworfen. Was aber aus dem Mund ausgeht, kommt aus dem Herzen hervor, und das verunreinigt den Menschen. Denn aus dem Herzen kommen hervor böse Gedanken: Mord, Ehebruch, Unzucht, Dieberei, falsche Zeugnisse, Lästerungen. Diese Dinge sind es, die den Menschen verunreinigen.“

Weihnachten sind die Festtage der Freude und das, wozu man „Konsum“ sagt, gehört unabdenkbar zu ihnen. Im Übrigen gehört zum Konsum auch das Kaufen, Geben und die Annahme von Geschenken. Selbst eine belanglose Kleinigkeit macht Freude. Soll ich vielleicht trauern, dass ich es meinem Mitmenschen wert bin, dass er wegen mir seinen Geldbeutel leert? Und zweitens: Das Problem besteht nicht darin, dass die Menschen an den Konsum denken. Ein Problem wäre es, wenn sie nur an diesen denken würden. Doch das müsste ihnen nachgewiesen werden: einem nach dem anderen, jedem Einzelnen. Alles hat seine Zeit: der Konsum und auch das Entsagen. Wenn wir schon bei den Zitaten sind: Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit.

Also, liebe Persönlichkeiten! Rümpft bitte nicht über uns gewöhnliche Menschen die Nase! Dass wir zu Weihnachten dem Konsum huldigen, ist zu rechtfertigen. Was – rein als Beispiel – nicht zu rechtfertigen ist, ist, die Nase in Dinge seiner Mitmenschen zu stecken, die niemandem etwas angehen und die in ihrem Wesen - wie man so schön sagt – „weniger als nichts“ sind.

Tageszeitung „Mladá fronta Dnes“, 19. Dezember 2006