Was das Wort „Störenfried“ bedeutet

Liebe Leser, in unserer sprachwissenschaftlichen Rubrik werden wir heute erörtern, was das Wort „Störenfried“ bedeutet. Es handelt sich um einen deutschen Ausdruck. Das ist kein Zufall, weil dieser Begriff im engen Zusammenhang mit den tschechisch-deutschen Beziehungen, vor allem dem zukunftsorientierten Dialog, steht. Bei der Auslegung dieses Begriffes haben beide Seiten große Fortschritte gemacht: Heute sind sie zur Verständigung fähig, was für ein schädliches Phänomen er bezeichnet. Zumindest teilweise sind sich beide Seiten auch einig, wer diesen Namen verdient.

Die wörtliche Übersetzung des Wortes „Störenfried“ bedeutet im Tschechischen der „Störer des Friedens“. Das klingt sehr allgemein und pathetisch. In Wirklichkeit ist ein Störenfried nur ein kleiner naseweiser und schädlicher Wirrkopf, der im allgemeinen zumeist schwach und unbedeutend ist. Allerdings hat er die äußerst gefährliche Eigenschaft, dass er gewöhnlich – ob nun bewusst oder unbewusst – an Orte gerät, wo er nichts zu tun hat. Damit erschwert er seinen Gegenstücken, den Erbauern des Friedens, ihre verantwortungsvolle Arbeit, die in der Aussöhnung des Unversöhnbaren besteht. Der Störenfried sorgt somit dafür, dass er, wie man bei uns sagte, „ausliquidiert“ wird. Nachdem dies gelungen ist, segnet leider auch gewöhnlich der Frieden das Zeitliche, der mit der „Ausliquidierung“ des Störenfrieds gestärkt werden sollte.

Soviel zur allgemeinen Einleitung. Nennen wir jetzt einige konkrete Beispiele:

Das klassische Beispiel eines Störenfrieds war im Jahr 1938 die Tschechoslowakische Republik. Ein kleines unbekanntes Land, das den damaligen Friedensstiftern - Chamberlain, Daladier, Hitler und Mussolini – den Frieden für unsere Epoche komplizierte, so dass sie diesem geopfert werden musste. Der Frieden für unsere Epoche hielt dann ganze elf Monate an.

An diesem Beispiel lässt sich eine bedeutsame Eigenschaft eines Störenfrieds belegen: Er hat seine Tücken, seine Schwachstellen. Wichtig ist es, sie erst im geeigneten Augenblick zu erkennen: Also nicht im Jahre 1918, aber erst zwanzig Jahre später.

Nehmen wir ein weiteres Beispiel: Das Israel des Jahres 2004. Ein winziges Land, mit dem es lauter Schwierigkeiten gibt. Wenn es Israel nicht geben würde, hätten die aus geläuterten Terroristen rekrutierten Reihen der Friedensnobelpreisträger schon längst wesentlich länger sein können. Israel muss gutes Benehmen beigebracht werden. Berufen sind dazu die Europäer, die die Einwohner Israels gut kennen: Sie haben sie einst durchschaut, als sie noch als verbissene Störenfriede unter uns lebten, und dorthin ausgestoßen, wo sie heute sind. Es geht nur darum, dass sie endlich aufhören, sich zu wehren! Die künftigen Nobelpreisträger könnten dann bald aufhören, Restaurants und Autobusse in die Luft zu jagen. Wieder würde Frieden für unsere Epoche geschaffen, gestört nur von Zeit zu Zeit dadurch, dass irgendwo in Europa ein Restaurant oder Autobus in die Luft fliegt.

Und schließlich das dritte Beispiel: die „ausgesiedelten“ Deutschen. Einst ließen sie sich mit Hitler ein. Sie erhielten danach nicht den Gnadenschuss, wie sie es verdient hätten, sondern wurden nur um das Eigentum gebracht und dorthin abgeschoben, woher ihre Vorfahren angeblich vor tausend Jahren gekommen waren. Jetzt wollen sie nicht begreifen, dass das, was sie getroffen hat, noch eine sehr milde Strafe war, besser gesagt gar keine Strafe, sondern nur die Folge der Ursache, nämlich Hitlers. Und wenn auch heute manche Sensibelchen den Kopf darüber schütteln, damals war das normal: Alle machten es, nämlich Hitler und Stalin. Heute hindern diese Störenfriede die tschechischen sowie die deutschen Friedensstifter, sich voll und ganz der Zukunft zu widmen, nämlich dem Frieden für unsere Epoche. Am besten wäre es, sie wieder irgendwohin zu vertreiben: Leider ist kein Ort mehr vorhanden.

Wie idyllisch wäre die Welt, in der es keine Störenfriede geben würde! Die Geschichte hat in dieser Hinsicht eine Reihe von Versuchen erlebt. Die Köpfe purzelten wie Mohnkapseln auf dem Feld, aber immer blieb hier und da irgendein Störenfried übrig. Es sieht so aus, als hätten sie sieben Leben wie die Katzen. Freilich ist es gut, dass wir nicht aufgeben und es weiter versuchen: Einmal muss es schließlich klappen!

18. September 2004