Ein Unternehmer der Klaus-Ära

Am Anfang war ein talentierter Mann, pfiffiger Unternehmer und Manager. Nur war es ihm lange nicht möglich gewesen, seine Fähigkeiten zu verwirklichen. Doch in dem unübersichtlichen Chaos der Wendezeit 1989 gelang es Vladimír Železný endlich, das nötige Kapital zusammenzubringen und ein Mitarbeiterteam auf die Beine zu stellen: TV Nova war geboren. Der Medien-Unternehmer zählte auf einen Schlag zu den erfolgreichen Männern der Privatisierung von Václav Klaus - deren gegenseitige Sympathie war durchaus nicht zufällig.

Václav Klaus, einmal mit dem Vorsatz angetreten, Václav Havels Samtene Revolution und die Herrschaft von Wahrheit und Liebe wirtschaftlich zu flankieren, hatte schon damals höhere Ambitionen. Vladimir Železnýs Projekt eines wohltätigen Privatfernsehens sollte nach den Prinzipien von Wahrheit und Liebe Kultur und Bildung vermitteln. Zugleich soll Železný erklärt haben: „Je ärmer ein Land ist, desto niveauloser muss sein kommerzielles Fernsehen sein. Möglicherweise erweisen sich die hier so beliebten Reden über unsere außergewöhnliche Kultiviertheit und unseren ausgewählten Geschmack letztendlich als reine Mythen.“

Sicher, die tschechische Gesellschaft hatte nach über 50 Jahren unterschiedlicher Gewaltherrschaften jegliche Kultur verloren. Da gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder, mit großen Anstrengungen es zu versuchen, die Gesellschaft hier und da etwas kultivierter zu machen, oder auf die unsichtbare Hand des Marktes zu vertrauen, die nach Angebot und Nachfrage schon alles regeln werde. Klaus und Železný wählten den zweiten Weg. Auf diese Art machte Klaus Politik und Železný Fernsehen.

Das Ergebnis ist, dass sich ein tschechischer Intellektueller (ein von Klaus gehasstes und von Železný verachtetes Wesen), der für eine gewisse Zeit auf den Privatsender Nova angewiesen ist (wie etwa in der Zeit des „Fernsehkriegs“), plötzlich wie ein Gymnasiast vorkommt, der in die Sonderschule versetzt wurde. Nicht wegen der tendenziellen Berichterstattung über das Geschehen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen - dazu hat ein Privatsender das Recht -sondern wegen dem allgemein geringen Informationsgehalt. Das betrifft nicht nur die Nachrichtensendungen. Alles beinhaltet nur soviel Informationen, wie sich ein durchschnittlicher Schwachsinniger gerade einmal merken kann. Dennoch spielte der Fernsehsender Nova einmal - als im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen (ČT) noch der allgemein gelobte Ivo Mathe als Intendant herrschte - eine positive Rolle, als er deutlich machte, dass es eine Konkurrenz zu ČT gibt. So informierte Nova beispielsweise objektiv über die umstrittene Petition „Smíření 95“ (Versöhnung 95). Nur bei Nova war es damals möglich, Kritik am tschechischen Präsidenten zu äußern: Der Sender vermittelte solche Informationen und Bewertungen zwar auf seine Art und Weise, aber er brachte sie wenigstens.

Dann kam der Anschlag auf Železný, der Konflikt mit seiner Produktionsgesellschaft ČNTS. Die amerikanischen Geldgeber waren der Illusion verfallen, dass ihnen das Geld, das sie in Nova investiert hatten, immer noch gehöre. Ebenso wie Klaus in der ODS stand auch Železný die schwierige Situation durch und bewahrte Nova vor dem Untergang, selbst wenn auch als Ergebnis einer weiteren Barbarei. Feinfühligen Menschen stehen, wenn sie nur das Wort Privatfernsehen hören, sogleich die Haare zu Berge. Dabei geht es nicht um Privatfernsehen an sich, sondern das auf tschechische Weise privatisierte und kreierte kommerzielle Fernsehen, das zu einem Spiegel der tschechischen Gesellschaft wurde, das die Gesellschaft der „Nováks“ so zeigt, wie sie wirklich ist. Vladimír Železný ist ein lebendes Denkmal des Klausschen Unternehmer-Disneylands, der einzige vorzeigbare Beweis für den Erfolg des tschechischen, dritten Weges der Privatisierung nach Václav Klaus, in der Tomáš Baťa symbolisch Onkel Dagobert die Hand reicht.

HINTERGRUND:

TV Nova nahm im Februar 1994 den Sendebetrieb auf, fünf Jahre später am 19. Februar 1999 kündigt Direktor Vladimír Železný den Vertrag mit den US-Investoren vom Central European Media Enterprises (CME) und reißt somit die ganze Macht im Sender an sich. Der nachfolgende Rechtsstreit zieht sich bis in die erste Hälfte 2001.

Prager Zeitung 15.5. 2001